Estradiol ist ein weibliches Sexualhormon aus der Klasse der Östrogene. Es kommt sowohl bei der hormonellen Empfängnisverhütung als auch bei der Hormonersatztherapie zum Einsatz. Der Wirkstoff beeinflusst den Zervixschleim, fördert die Ausbildung sekundärer weiblicher Geschlechtsmerkmale, beispielsweise die weibliche Brust, und begünstigt das Wachstum der Uterus.
Die hormonelle Empfängnisverhütung ist in Deutschland seit 1960 möglich. Statistisch gesehen verhüten heute knapp über 50% der Frauen mit der Pille, denn sie gilt sie als eines der sichersten Verhütungsmittel überhaupt.
Der Pearl-Index, der als Berechnungsgrundlage für die Zuverlässigkeit eines Verhütungsmittels gilt, gibt bei der Pille den Wert 0,1 bis 0,9 an. Das bedeutet, dass bei Anwendung der Pille von 100 Frauen pro Jahr nur 0,1 bis 0,9 trotzdem schwanger werden.
Die hormonelle Empfängnisverhütung ist mit verschiedenen Wirkstoffkombinationen möglich, die jeweils auf das Alter und den Hormonstatus der Frau abgestimmt sind. Einer dieser Wirkstoffe ist Estradiol. Hierbei handelt es sich um ein Hormon, das auch natürlich im Körper der Frau vorkommt und vor allem in den Eierstöcken produziert wird.
Zusammen mit Estron und Estriol bildet Estradiol Östrogen. Estradiol gilt hierbei als das "Hauptöstrogen" mit der stärksten Wirkung im Organismus. Aufgrund dessen eignet sich das Hormon sehr gut zur Empfängnisverhütung.
Östrogene sind die wichtigsten weiblichen Sexualhormone. Sie werden in den Eierstöcken, Follikeln (Eizelle) und Gelbkörper produziert. Östrogene entstehen durch die Umwandlung von männlichen Geschlechtshormonen.
Zu der Gruppe der Östrogene zählen Estradiol, Estron und Estriol, wobei Estradiol das wichtigste und potenteste Hormon darstellt. Das Hormon ist für das Wachstum der Vagina, Gebärmutter, Eierstock und Eileiter verantwortlich. Zudem erfolgt die Ausbildung von den sekundären weiblichen Geschlechtsmerkmalen aufgrund des Einflusses von Estradiol.
Zusätzlich hat Estrogen einen erheblichen Einfluss auf die Gebärmutter und regt die Durchblutung an. Das Hormon kann aufgrund seinen Einfluss auf das Follikelstimulierende Hormon auch den Eisprung beeinflussen.
Der dreiphasige Prozess des Zyklus beginnt mit der Follikelreifung. Das Follikelstimulierende Hormon (FSH) wird ausgeschüttet und regt das Wachstum der Eizellen im Eierstock (Follikelwachstum) und die Reifung der Eizelle (Follikelreifung) an. Dieses Hormon wird ab Ende der Menstruationsblutung bis zum Eisprung gebildet.
Wurde das Follikel ausgebildet, produziert und schüttet es seinerseits Östrogene aus, wodurch es wiederum zur Ausschüttung von LH (luteinisierendes Hormon) kommt. Das Hauptmerkmal des luteinisierenden Hormon ist, dass es den Eisprung hervorruft.
Wird nun zusätzlich Estradiol zur Empfängnisverhütung zugeführt, wird die Bildung von FSH verhindert. Dadurch wird auch die Produktion von LH eingeschränkt und der Eisprung wird verhindert.
Der Vorteil von Estradiol ist, dass es aufgrund seines natürlichen Ursprungs, vom Körper besser verarbeitet werden kann. Natürliches Estradiol ist ungefähr 10 Mal schwächer als synthetisches Ethinylestradiol, das ebenfalls in vielen Präparaten zur Empfängnisverhütung enthalten ist. Der Effekt von Estradiol ist auf die Leberproteinie 500- bis 600-fach schwächer und Nebenwirkungen treten somit seltener auf.
Estradiol wird in Tablettenform verabreicht. Die Einnahme erfolgt 21 Tage einmal täglich und möglichst immer um die gleiche Tageszeit. Dann folgt eine einwöchige Pause. Um die Gefahr zu reduzieren, dass der erste Tag der neuen Einnahme vergessen wird, befinden sich zusätzlich sieben wirkungslose Tabletten in der Verpackung, die in der einwöchigen Pause eingenommen werden. So bleibt die Regelmäßigkeit der Einnahme erhalten.
Frauen, die eine Tablette vergessen, sollten die Einnahme möglichst schnell nachholen. Ist die im Beipackzettel angegebene Höchstzeit überschritten, ist die Wirkung nicht mehr gewährleistet und es müssen zusätzliche Verhütungsmethoden angewendet werden.
Das gilt auch, wenn die Einnahme mehrerer Tabletten vergessen wurde. Die Einnahme ist dann bis zum Ende des Zyklus wie gewohnt fortzuführen. Keinesfalls dürfen mehrere Tabletten hintereinander eingenommen werden. Erst mit Beginn des neuen Zyklus ist die verhütende Wirkung wieder vorhanden.
Bei der Einnahme von Estradiol kann es zu Nebenwirkungen kommen, die selten, gelegentlich oder häufig auftreten können.
Zu den sehr seltenen Nebenwirkungen gehören Kopfschmerzen, Beinkrämpfe, Depressionen und Gewichtszunahme. Treten Brustschmerzen auf, muss der Arzt informiert werden, der entscheidet, ob Estradiol in einer niedrigeren Dosierung weiter eingenommen werden kann.
Zu den ebenfalls seltenen Nebenwirkungen gehören Entzündungen der Bauchspeicheldrüse. Gelegentliche Nebenwirkungen sind der Blutdruckanstieg und die Verminderung der Ausscheidung von Natrium. Entzündliche Prozesse der Gefäße wurden ebenfalls beobachtet.
In die Liste der gelegentlich auftretenden Nebenwirkungen gehört die reduzierte Ausscheidung von Stickstoff. Allergische Hautreaktionen sind möglich und müssen ärztlich abgeklärt werden. Bei Jugendlichen können Probleme bei der Knochenbildung auftreten. So ist auch eine Störung des Längenwachstums möglich, wenn Estradiol hoch dosiert verabreicht wird. Außerdem kann sich Schlaflosigkeit einstellen.
Möglich, aber sehr selten, sind schwere Hauterscheinungen, Beinkrämpfe und eine Verschlechterung von bereits bestehenden Krampfadern. Außerdem kann es zu Reizungen der Haut und Hefepilzinfektionen der Vaginalschleimhaut kommen. Schwindel, Migräne und Angst sind ebenfalls mögliche Nebenwirkungen. Es kann sich auch eine Unverträglichkeit von Kontaktlinsen ergeben. Ebenso kann es zu einer Lungenembolie (Verschluss der Lungenarterien) kommen.
Zu den häufig beobachtenden Nebenwirkungen gehören ein Spannungsgefühl in der Brust und ein verstärktes Wachstum der Gebärmutterschleimhaut. Darüber hinaus können Schmierblutungen auftreten. Außerdem kann sich die Libido (sexuelles Verlangen) verändern. Es ist dabei möglich, dass der Sexualtrieb nachlässt, es kann sich aber auch eine Steigerung entwickeln.
Zudem werden depressive Verstimmungen als mögliche Nebenwirkungen beschrieben, wie auch Zustände von Benommenheit und Nervosität. Auch Störungen des Verdauungsapparates werden relativ häufig beobachtet. Dazu gehören Durchfall, Völlegefühl und Bauchschmerzen. Einlagerungen von Gewebewasser sind ebenfalls möglich, woraus sich eine Gewichtszunahme entwickeln kann.
Mögliche Nebenwirkungen von Estradiol in tabellarischer Übersicht:äufige Nebenwirkungen: | |
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Spannungsgefühl in der Brust | Schmierblutungen |
Veränderung der Libido | depressive Verstimmungen |
Durchfall | Bauchschmerzen |
Gelegentliche Nebenwirkungen: | |
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Blutdruckanstieg | allergische Hautreaktionen |
Verminderung der Natriumausscheidung | Verminderung der Stickstoffausscheidung |
Seltene Nebenwirkungen: | |
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Kopfschmerzen | Schwindel |
Unverträglichkeit von Kontaktlinsen | Gewichtszunahme |
Beinkrämpfe | Entzündung der Bauchspeicheldrüse |
Relativ häufig berichten Frauen unter der Einnahme von Estradiol auch, dass sie sich kraftlos fühlen. Manche Frauen klagen zudem über Juckreiz an der Nase und Schmerzen in den Beinen.
Estradiol ist problematisch in der Kombination mit Mitteln, die den Abbau des Wirkstoffs in der Leber beschleunigen. Das kann dazu führen, dass die empfängnisverhütende Wirkung von Estradiol nicht mehr gegeben ist.
Zu diesen Mitteln zählen Barbiturate und Antiepileptika und Medikamente gegen Tuberkulose, aber auch das pflanzliche Mittel Johanniskraut. Mit einer verstärkten Wirkung des Estradiols ist zu rechnen, wenn Ketoconazol gegen Pilzerkrankungen gleichzeitig verwendet wird. Das gilt auch für das Mittel Ropirinol gegen Parkinson.
Verstärkend wirkt Estradiol außerdem auf Imipramin. Dabei handelt es sich um ein Medikament, das gegen Depressionen verordnet wird. Diese Beobachtung konnte auch bei der gleichzeitigen Einnahme von Estradiol und Cyclosporin, einem Medikament, das zur Unterdrückung der Immunabwehr verordnet wird, gemacht werden.
Die gleichzeitige Einnahme von Antibiotika und Mitteln zur hormonellen Empfängnisverhütung ist schon länger als Risiko bekannt. Aus diesem Grund ist es wichtig, den Arzt zu informieren, welche Mittel zu dieser Zeit eingenommen wurden oder bis vor Kurzem nötig waren und noch wirken. Diabetiker müssen zudem beachten, dass Estradiol den Blutzuckerspiegel beeinflussen kann. Wenn das zutrifft, muss die Insulindosis angepasst werden.
Litt die Frau bereits unter Brustkrebs oder besteht ein Verdacht darauf darf Estradiol nicht eingesetzt werden. Bei einer Unverträglichkeit gegen den Wirkstoff, muss von einer Einnahme abgesehen werden.
Schwangere und stillende Frauen dürfen Estradiol nicht einnehmen.Medizinisch geprüft durch Dr. Caroline Fontana
Verfasst von unserem Redaktionsteam Zuletzt geprüft am 21 Oktober 2024